Tiergestützte Intervention im Kinderheim Pauline von Mallinckrodt
Ich arbeite als Psychologin in einem Kinderheim in Siegburg und werde dabei seit gut einem Jahr von meinem Silken Windsprite Pepino (Im Traum vom schwarzen Schwan) unterstützt.
Da meine Erfahrungen mit Pepino als Therapiebegleithund so wunderbar sind und auch die Resonanz der Kinder, der Kollegen und anderer tiergestützt arbeitender Fachkräfte so positiv ist, möchte ich meine „tiergestützte Geschichte“ stark gekürzt J, erzählen.
Ich werde jetzt nicht in meiner Kindheit anfangen mit der Liebe zu Tieren und dem Wunsch, sie immer um mich zu haben.
Sondern erst später. Ich fange an mit meinem Job und dem damals noch „nur“ intuitiven Wissen darum, dass Tiere guttun können und ………….meiner Entdeckung der Silken Windsprites.
Vorab muss ich aber noch sagen, dass meine beiden Kerlchen meine Babys, meine Augensterne und ein ganz wichtiger, unverzichtbarer Teil meines Lebens sind. Ich bitte darum, diesen Satz immer wieder zu lesen, wenn beim Lesen der Gedanke von Übertreibung oder Überhöhung der beiden auftritt. Ich glaube, das hilft…
Pepino begleitet mich seit Frühjahr 2017 zur Arbeit ins Kinderheim. Hier arbeite ich mit einer vollen Stelle in verschiedenen Gruppen, wovon 50% auf eine Mädchen-Trauma-Gruppe und der Rest auf eine Kleinkind-Diagnostik-Gruppe und zwei Außerwohngruppen entfällt.
Nach gründlicher Recherche und dem Studium vieler Fachartikel habe ich festgestellt, dass ich nur mit einer speziellen Ausbildung in diesem Bereich arbeiten möchte. Also habe ich eine 18-monatige Ausbildung zur „Fachkraft für tiergestützte Intervention“ am IstT in Herten absolviert.
Während der Ausbildung habe ich mich nach einem Hund umgeschaut. Welche Rasse? Tierschutz oder nicht? Welpe oder nicht? Aussehen? Was will ich denn eigentlich? Bisher habe ich nur Tierschutz-Hunde gehabt, die dann eben auch mal bei uns auf der Pflegestelle „hängengeblieben“ sind, aber von ihnen wäre keiner geeignet gewesen, mich ins Kinderheim zu begleiten.
Und mit nicht geeignet meine ich nicht: „Er beißt“ oder „er hört nicht“ etc…. Für mich war von Anfang an wichtig, dass auch der Hund was von seinem Job hat. Also angstfrei und interessiert, begeistert und lebensfroh in so einem Setting agieren kann. Und so was hatte ich nicht zu Hause…..
Dann habe ich auf einer Tagung des Berufsverbandes für TGI in Hannover „MEINEN“ Hund entdeckt. Vielmehr meine Rasse. Eine Silken-Windsprite-Hündin! Da gab´s nichts anderes mehr und die Rasse stand fest. Dann habe ich mich nach einer Zuchtstätte umgeschaut. Familiär und liebevoll und doch professionell, am liebsten längere Erfahrung mit der Rasse und vielleicht sogar mit dem Wissen was tiergestütztes Arbeiten bedeutet?
Naja, die Rosine finden.
Juhu! Hat geklappt. Wer auf der Website von Swantje landet und tiergestützt arbeitet, weiß, dass er die Rosine gefunden hat.
Pepino ist im März zu uns gezogen und seit Mai mit ins Kinderheim gekommen. Ich arbeite mit ihm an 2 Tagen in der Woche und er begleitet mich im Gruppenalltag oder wird gezielt in Einzel (halben)-Stunden eingesetzt, aber höchstens 2 x pro Tag, damit er nicht ausgepowert wird.
Pepino wedelt wie wild, wenn wir die Mädchengruppe ansteuern. Er liebt die Kinder und sie lieben ihn. Die Vermutung, dass die Kinder sich stärker entspannen können und die Stimmung besser ist, wenn der Hund dabei ist, hat sich voll bestätigt. Auch die vielen, sehr aussagekräftigen Studien zu tiergestützten Einzelinterventionen haben sich für mich bewahrheitet, die positiven Effekte sind enorm. Ich strebe hierzu langfristig eine Evaluation an, um die Evidenz zu prüfen und dann hoffentlich deutlich darlegen zu können.
Ich arbeite mit Pepino nach verschiedenen Methoden, wie der Freien- und der Hort-Methode, aber auch der Integrations- und der Brücken-Methode. Dabei achte ich genau auf meinen Hund und seine Schwelle, sowie auf das Kind und dessen Reaktionen auf die „hündischen“ Aktionen. Wichtig ist es für mich nicht, dass Pepino Kunststücke kann oder bedingungslosen Gehorsam zeigt. Im Gegenteil: Der Hund soll frei sein und als Hund das tun, was er am besten kann: Emotionen auslösen und in Resonanz gehen, die Kinder da abholen, wo sie sind, Verhalten spiegeln und manchmal auch Grenzen aufzeigen. Trösten und begeistern, zum Lachen bringen und manchmal auch Tränen ablecken.
Pepino ist ein sehr resonanzfähiger Hund, der genau spürt, wie die Stimmung um ihn herum ist. Eine Situation möchte ich schildern: In einer Kleinkindergruppe stand ein 4-jähriges Mädchen in der Tür und hatte Angst, war aber auch fasziniert von diesem großen Tier, mit dem es Auge in Auge gegenüberstehend, staunend, eigentlich Kontakt aufnehmen wollte. Ich hatte Pepino an der lockeren Leine, wie immer auf dem Kinderheimgelände. Er ging mit den Vorderbeinen auf den Boden, wie bei einer Spielaufforderung und robbte ganz langsam bis auf einen halben Meter an das Mädchen ran. Sie traute sich dann, ihn zu streicheln und Pepino legte sich vor sie.
Hieraus wird vielleicht nochmal deutlich, warum es mir wichtig ist, dass Pepino nicht jedes Mal erst zu mir schauen muss und sich ein „Okay“ abholen muss, sondern frei ist, selbst zu agieren. Bitte nicht falsch verstehen: Natürlich gibt es Grenzen und „Stopps“ für Pepino (aber auch für die Kinder)und ich bemühe mich natürlich ständig, meinen Hund zu lesen und Situationen gut vor- und einzuschätzen, aber wichtig ist mir eben auch, dass der Hund Freude an der Arbeit hat. Aber ein resonanzfähiger Hund ist eben auch ein sensibler Hund und darum muss man ihn ständig im Blick haben und ihn schützen. Das kann er selbst oft nicht ausreichend. Da muss man ihn auch schon mal rausnehmen aus einer Situation.
Ich habe ständig vor Augen, dass die Kinder meinem Hund ihren „trauma-beladenen“ imaginären Rucksack für die Zeit, die sie mit ihm verbringen dürfen, umhängen und er damit natürlich auch belastet wird. Hier braucht es viel Sensibilität, zu erkennen, wann der Hund Entlastung braucht und wovon er am ehesten profitiert.
Ich kann nur jedem an tiergestützter Arbeit interessierten Kollegen raten, die Zeit und das Geld in eine Fachkraft-Ausbildung zu investieren. Für sich selbst, die einzusetzenden Tiere und die Menschen, mit denen man arbeitet, lohnt es sich.
Tiergestütztes Arbeiten entwickelt sich zu einem Markt, auf dem sich –leider, wie überall- zunehmend schwarze Schafe tummeln; je mehr Fachkräfte es aber gibt, die wissen, worauf es ankommt und worum und wie es geht, umso mehr schützen wir selbst unseren noch jungen Arbeitsbereich.
Pepino und ich werden ab Herbst zu einem Esaat-zertifizierten Therapiebegleihund-Team ausgebildet. Das ist keine Pflicht, unterstreicht jedoch die Professionalität der Arbeit für den Arbeitgeber und die Kostenträger. Für die tiergestützte Arbeit im Kinderheim habe ich ein Konzept entwickelt, das die Methoden, Voraussetzungen und Grenzen sowie die Ziele dieser Interventionsmethode zusammenfasst und in dem ein Hygieneplan, ein Medizinal- und Prophylaxebogen und eine Tierbestandsdokumentation ihren Platz finden.
Das hört sich alle schon ganz gut an, aber ich stehe selbst erst am Anfang und muss noch viel Erfahrung sammeln und dazu lernen. Manchmal bin ich unsicher bei manchen Situationen und muss Ideen neu überdenken und modifizieren. In ein paar Jahren werde ich vielleicht vieles in meiner Arbeitsweise anders handhaben und hoffentlich auch noch besser machen. Stichwort Erziehung: Hundeerziehung ist nicht mein Spezialgebiet….Grenzen setzen und konsequent sein finde ich schwierig -und die innige Beziehung zu Pepino macht es für mich nicht leichter. Daher habe ich mich auch bewusst für eine sehr freundliche und umgängliche, integrierende Rasse entschieden. An meinem Hund ist nicht Falsches, er kennt keinen Kadavergehorsam und soll sich nie unterwerfen müssen, aber das braucht er auch nicht, denn er agiert –trotz eher geringerer Grenzsetzung – absolut hervorragend. Puh! Glück gehabt J!
Ich bin gerne Psychologin, aber noch gerner mit Hund!
So werde ich mit den beiden Silken Windsprites Pepino (Im Traum vom schwarzen Schwan) und zukünftig auch mit Mateo (Konzert vom schwarzen Schwan) hoffentlich noch lange arbeiten können und vielen Kindern und Jugendlichen ein Stück von der Freude, die meine Hunde mitbringen und auch transportieren, abgeben können.
Trotzdem bin ich immer wieder froh, wenn ich meine Jungs bei mir zuhause habe, denn es gibt durchaus auch eine Tendenz bei mir – und das darf man nun mal nicht verschweigen – die Freude und das Glück für mich alleine zu haben und mit meiner Pieps-Extra-Lieblingshunde-Stimme auf sie einzureden und mich –hygienisch höchst bedenklich – auch im Gesicht abschlecken zu lassen J!